Johan Huizinga ‹7. 12. Groningen 1872 – 1. 2. 1945 De Steeg bei Arnheim›

 

Johan Huizinga studierte Niederländische Philologie in Groningen und beschäftigte sich u. a. mit vergleichenden Fragen der indogermanischen Sprachen. Er promovierte mit einer Arbeit über die Figur des «Vidûsaka», dem «Hanswurst» des indischen Theaters. Ab 1897 Geschichtslehrer an einem Haarlemer Gymnasium, ab 1903 zusätzlich Dozent für altindische Literatur- und Kunstgeschichte an der Universität Amsterdam. 1905 erhielt Huizinga eine Professur für Niederländische Geschichte in Haarlem, 1915 eine Professur für Allgemeine Geschichte an der Universität Leiden, wo er bis zu seiner Entlassung tätig war. In den dreißiger Jahren bezog Huizinga öffentlich Stellung gegen den deutschen Nationalsozialismus und Antisemitismus. So schloß er 1933, als damaliger Rektor der Leidener Universität, den deutschen «Geschichtsprofessor» Johann von Leers von einer internationalen Tagung an der Universität aus, nachdem er von dessen antisemitischen Hetzschriften erfuhr. Huizingas Auftreten hatte Signalfunktion und veranlaßte andere Rektoren und Lehrende, ebenfalls die deutsche Rassenpolitik zu kritisieren. Im August 1942 wurde der siebzigjährige Huizinga verhaftet und ins Konzentrationslager St. Michielsgestel gebracht. Im Oktober wurde er als «nicht haft- und lagerfähig» wieder entlassen. Huizinga zog ins dörfliche De Steeg (bei Arnheim), wo er wenige Wochen vor der Befreiung der besetzten Niederlande starb.

 

Huizingas Hauptwerk – neben dem ‹Homo ludens› von 1938 – ist seine Arbeit über die Renaissance: ‹Herbst des Mittelalters – Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und den Niederlanden› aus dem Jahr 1919. Eine Auseinandersetzung mit der «Kulturkrise» seiner Gegenwart veröffentlichte Huizinga 1935: ‹Im Schatten von morgen – Eine Diagnose des kulturellen Leidens unserer Zeit›. Sie beginnt mit den Worten: «Wir leben in einer besessenen Welt. Und wir wissen es. Es käme für niemanden unerwartet, wenn der Wahnsinn eines Tages plötzlich ausbräche in einer Raserei, aus der diese arme europäische Menschheit zurücksänke, stumpf und irr, indes die Motoren noch surren und die Fahnen noch flattern, der Geist aber ist entwichen.»